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Aber die Bibel sagt doch nichts über formale Mitgliedschaft in einer Gemeinde, oder?




Diese Formulierung hört sich zwar sehr fromm, ist aber nicht wahr. Es gibt mindestens vier biblische Gründe, warum eine Gemeinde eine formale Gemeindemitgliedschaft praktizieren sollte. Unter formal verstehe ich „die äußere Form, die Anlage o. Ä. von etwas betreffend, auf ihr beruhend, zu ihr gehörend.“(1) Die „formale“ Gemeindemitgliedschaft bedeutet also, dass eine lokale Gemeinde eine bestimmte Anzahl Mitglieder hat, die sich verpflichtend als zu dieser Gemeinde gehörend verstehen. Es ist eine identifizierbare Anzahl von Menschen die Mitglieder der Gemeinde sind. Einfach gesagt, man weiss wer „dazu“ gehört, und wer nicht! Lass mich dir aber lieber Leser die vier Gründe geben, warum ich glaube, dass das auch biblisch ist. 

1. Die Existenz einer Gemeindeleitung 
Der erste Grund warum es auch im zu neutestamentlichen Zeiten eine formale Gemeindemitgliedschaft gab, ist die Existenz einer formalen Gemeindeleitung. Über jede lokale Gemeinde wurde eine formale Leitung eingesetzt. Nachdem sie ihnen aber in jeder Gemeinde Älteste bestimmt hatten …(Apg.14,23). Jede Gemeinde erhielt also ihre Ältesten. Es war also bekannt, welcher Leiter zu welcher Gemeinde gehört. Diese Männer hatten die Aufgabe, die Herde zu hüten (Apg. 20,28), unter ihnen fleißig zu arbeiten (1.Thessalonicher 5,12), ihnen vorzustehen (1.Timotheus 5,17) und über ihre Seelen zu wachen (Hebräer 13,17). Wenn es nun keine formale Gemeindemitgliedschaft gäbe, wäre es sehr schwierig, diesen Aufgaben nachzukommen. Die Schrift lehrt, dass die Ältesten einer Gemeinde Rechenschaft abgeben müssen für die Menschen die ihnen anvertraut wurden (Hebräer 13,17). Diese Verantwortung verlangt nach einer klar unterscheidbaren und definierten Mitgliedschaft in der lokalen Gemeinde. Älteste müssen wissen, wer ihnen anvertraut ist, damit sie ihrer Pflicht als Aufseher nachkommen können. 

2. Ausübung der Gemeindezucht 
In Matthäus 18,15-17 gibt uns Jesus das korrekte Vorgehen für die Gemeindezucht (auch „Korrektive Gemeindeseelsorge“.) Wenn aber dein Bruder an dir gesündigt hat, so geh hin und weise ihn zurecht unter vier Augen. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder gewonnen. Hört er aber nicht, so nimm noch einen oder zwei mit dir, damit jede Sache auf der Aussage von zwei oder drei Zeugen beruht. Hört er aber auf diese nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide und ein Zöllner. Wenn ein Gläubiger in Sünde fällt, dann soll man ihn zuerst unter vier Augen ermahnen (v.15). Hört er nicht, soll man zwei oder drei Zeugen dazu nehmen (v.16). Ist er immer noch nicht bereit Buße zu tun, soll man es der Gemeinde sagen (v.17a). Gibt es immer noch keine Buße, so soll man ihn aus der Gemeinde ausschließen (v.17b). Wenn es nun keine formale Mitgliedschaft gibt, wie soll man denn nun diesem Gebot Folge leisten? Wie soll man jemanden ausschließen wenn er nie dazu gehört hat? Wie soll das gehen, wenn es keine verbindliche Zugehörigkeit gibt? Wer nie dazugehört kann auch nicht ausgeschlossen werden. Diese Tatsache zeigt, dass das Neue Testament ein klares Verständnis von fester lokaler Gemeindemitgliedschaft hat. 

3. Das Beispiel der frühen Gemeinde 
In der frühen Gemeinde bedeutete es, wenn jemand zu Christus kam, dass er in die Gemeinde kam. Es gab keine Unterscheidung zwischen Christi Nachfolger und der Gemeinde, weil jeder Gläubige Teil der Gemeinde war. Die Vorstellung errettet zu sein ohne einer lokalen Gemeinde anzugehören ist dem Neuen Testament fremd. Wenn Menschen Buße taten, wurden sie getauft und der Gemeinde hinzugetan. Diejenigen, die nun bereitwillig sein Wort annahmen, ließen sich taufen, und es wurden an jenem Tag etwa 3 000 Seelen hinzugetan. Und sie blieben beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und in den Gebeten (Apostelgeschichte 2,41-42). Die meisten Briefe des Neuen Testaments sind an lokale Gemeinden geschrieben. Die Existenz dieser Briefe alleine setzt schon voraus, dass Gläubige sich in Versammlungen zusammentun und nicht lose in der Gegend herumwandern. Es wurden Listen geführt, zum Beispiel eine Liste für Witwen, die sich dafür eigneten finanziell unterstützt zu werden (1.Timotheus 5,9). Auch wurden offenbar Listen geführt über die Anzahl Menschen die der Gemeinde hinzugetan wurden (Apg. 2,41.47; 5,14; 16,5). Wenn ein Gläubiger eine Stadt verließ und in eine andere zog, dann schreib die Gemeinde aus der Stadt wo er wegzog ein Empfehlungsschreiben für die Gemeinde in welcher er ein neues Mitglied wurde (Apostelgeschichte 18,27; Römer 16,1; Kolosser 4,10). Die gesamte Wortwahl der Apostelgeschichte, beispielsweise „die ganze Gemeinde“ (Apostelgeschichte 6,5) oder auch „die Jünger in Jerusalem“ (Apostelgeschichte 9,26)  stimmt bestens mit dem Konzept einer gewissen formalen Gemeindemitgliedschaft überein. Die Aussagen deuten eine erkennbare Mitgliedschaft oder Zugehörigkeit mit klar definierten Grenzen an. 

4. Die Ermahnung zur gegenseitigen Erbauung 
Das Neue Testament lehrt, dass die christliche Gemeinde der Leib Christi ist, und das jedes Glied an diesem Leib dazu berufen ist zu dienen. Lasst uns aufeinander achtgeben, damit wir uns gegenseitig anspornen zur Liebe und zu guten Werken, indem wir unsere eigene Versammlung nicht verlassen (Hebräer 10,24-25a). Dieser Vers steht im Zusammenhang mit jüdischen Christen, die in der Gefahr standen in ihr altes System der Werke zurückzufallen. Dies wäre dann ein Grund sich nicht mehr öffentlich zu versammeln, da sie von ihren Landsleuten verfolgt wurden. Der Schreiber des Hebräerbriefs ermahnt sie aber sich trotzdem weiter zu versammeln, damit sie sich gegenseitig ermahnen und erbauen können. Gegenseitige Erbauung und Ermahnung dieser Art kann nur stattfinden, wenn sich Gläubige anderen Gläubigen gegenüber in einer spezifischen lokalen Gemeinschaft verpflichtet fühlen. Gemeindemitgliedschaft ist die formale Zustimmung zu dieser Verpflichtung. Einfach gesagt, sonst wissen wir ja nicht, wer sich mit wem versammeln soll und auch nicht, wer wen gegenseitig erbauen und ermahnen soll. 



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