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Wie bereite ich mich auf eine Predigt vor?

Einige Leser, die diesen Titel lesen, denken vielleicht da sie keine Prediger seien können sie diesen Artikel getrost ignorieren aber dem ist nicht so! Nun, es stimmt. Ein guter Prediger bereitet sich in einer Woche ungefährt 25 bis 30 Stunden auf eine Predigt vor. Er studiert den Text in den Ursprachen, studiert die Grammatik, betrachtet die ursprüngliche Kommunikationssituation und liest mehrere Kommentare, um seine eigene Exegese zu überprüfen. Er sucht nach interessanten Illustrationen und Anwendungen damit die Predigt beim Hörer auch "sitzen bleibt". Er betet viel dafür, dass der Heilige Geist, durch die Auslegung seines Wortes zu seiner Gemeinde spricht um sie zu erbauen. Dies alles tut der Prediger. Aber was ist denn eigentlich mit den Zuhörern? Haben die nichts zu tun? Kommen die einfach jeden Sonntagmorgen, vom letzten Ausgeh-Abend am Samstag noch halb verschlafen, in den Gottesdienst, um sich einmal mehr zu fragen, warum sie sich das überhaupt anhören? Leider wird allzuoft über die Verantwortung des Predigers gesprochen, wenn es um die Qualität und Nützlichkeit der Predigten geht, aber nicht über die Verantwortung des Zuhörers. Der Prediger muss interessant sein. Er muss ein guter Redner sein. Er muss gute Anwendungen und lebendige Illustrationen zur Veranschaulichung der Wahrheiten finden die er vermitteln will. Nun, das stimmt! Nur ein Irrlehrer ist noch schlimmer als ein langweiliger Prediger. Trotzdem, kann sich der Hörer nicht einfach komplett aus der Verantwortung ziehen. Auch wenn der Prediger mal "einen schlechten Tag hat", kann man, wenn man sich entsprechend vorbereitet, viel Segen aus einer Predigt ziehen. Deshalb lieber Leser, lass mich dir heute die vier "V" der Predigtvorbereitung für den Zuhörer vorstellen...

1. "V" wie Verantwortung
Langweilige Predigten oder besonders langsam oder schnell redende Prediger, mit besonderen Dialekten oder Akzenten, sind keine Ausrede dafür einer Predigt nicht zuzuhören. Sofern die Predigt nicht unbiblisch oder gar eine Irrlehre ist, haben wir die Verantwortung auf Gottes Wort zu hören. Nicht weil der Prediger notwendigerweise so begabt ist, sondern weil er Gottes Wort zu uns predigt. Schon in Israel wurden die Zuhörer aufgefordert das Wort dass ihnen verkündigt wurde genau aufzunehmen. Höre Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein! ...  Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du auf dem Herzen tragen... (5.Mose 6,4; 6). Die Verantwortung liegt bei den Zuhörern, das Wort aufzunehmen und im Gedächtnis zu behalten (auf dem Herzen tragen), um es auch anzuwenden. Ich bewahre dein Wort in meinem Herzen, 
damit ich nicht gegen dich sündige (Psalm 119,11). Auch als Esra, der Priester zum Volk predigte heisst es: Und er las daraus vor auf dem Platz, der vor dem Wassertor ist, vom hellen Morgen bis zum Mittag, vor den Männern und Frauen und allen, die Verständnis hatten, um zuzuhören; und die Ohren des ganzen Volkes waren auf das Buch des Gesetzes gerichtet (Nehemia 8,3). Sie hörten zu, sie standen da, vom Morgen bis zum Mittag. Sie wollten kein einziges Wort verpassen. Auch im Neuen Testament wird bezeugt, dass wir eine Verantwortung haben zuzuhören wenn das Wort Gottes verkündigt wird. Darum, wie der Heilige Geist spricht: »Heute, wenn ihr seine Stimme hört, so verstockt eure Herzen nicht... (Hebräer 3,7-8a). 

2. "V" wie Voraussetzung
Manche Menschen können das Wort Gottes, wenn es verkündigt wird, deshalb nicht verstehen, weil sie nicht wiedergeboren sind. Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muß (1.Korinther 2,14). Ein Mensch der nicht gläubig ist, der den Geist Gottes nicht in sich hat, kann (wörtlich "ist nicht fähig") diese Dinge auch nicht verstehen. Wenn das was du da hörst für dich alles keinen Sinn ergibt, wenn es nur langweilig ist und es dich überhaupt nicht berührt, dann frage dich, prüfe dich, ob du selber im Glauben bist. Prüft euch selbst, ob ihr im Glauben seid; stellt euch selbst auf die Probe! Oder erkennt ihr euch selbst nicht, daß Jesus Christus in euch ist (2.Korinther 13,5). Du musst prüfen, ob du wirklich ein echter Nachfolger Christi bist oder nur ein Kirchgänger. Nur weil du in eine Gemeinde gehst, oder deine Bibel liest, bist du noch lange kein echter Christ. Ein wahrer Christ wird durch Gottes Geist verändert, sodass er in der Heiligung, im Gehorsam und in der Liebe gegenüber Gott und den Mitmenschen leben will (1.Johannes 2,4; 4,7-8; 1.Petrus 1,16; Johannes 13,35;  14,15). Letztlich begann das gesamte Problem der Menschheit damit, dass man nicht auf Gottes Worte hörte. Im Garten Eden sehen wir, dass Adam und Eva genau das taten (1.Mose 2,17) und fielen in Sünde (1.Mose 3,6). Deshalb musste Jesus kommen, um am Kreuz für uns zu sterben und Sündenvergebung und Versöhnung für uns zu bewirken (Römer 5,1; 8; 12). Als ein Gläubiger Mensch allerdings, hast du den Geist Gottes und kannst daher auch verstehen, was er dir durch SEIN Wort sagen will. Wir sind aus Gott. Wer Gott erkennt, hört auf uns; wer nicht aus Gott ist, hört nicht auf uns. Daran erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des Irrtums. (1.Johannes 4,6)

3. "V" wie Vorbereitung
Nun gibt es aber noch andere Möglichkeiten wie man sich als Zuhörer auf eine Predigt vorbereiten kann. Erstens, kann man selber die Bibel studieren. Wer nicht unter der Woche bereits beständig über Gottes Wort nachsinnt, und es liebt, es studiert und liest, der muss sich nicht wundern wenn er am Sonntagmorgen dasitzt und "Bahnhof" versteht. Wenn der Prediger Vers für Vers durch ein Bibelbuch predigt (was ein treuer Prediger auch tun sollte...), dann kann man sich unter Woche bereits auf den nächsten Abschnitt der gepredigt wird vorbereiten. Man kann schon im Vorfeld den Text beobachten, seine Gedanken dazu aufschreiben, vielleicht ein, zwei Kommentare lesen und über Anwendungen nachdenken. Am Sonntag kann man dann während der Predigt seine eigenen Notizen überprüfen, schauen was man nicht entdeckt, oder sogar falsch verstanden hat. So wird der Lerneffekt viel größer sein. Eine weitere wichtige Maßnahme um sich als Zuhörer auf die Predigt vorzubereiten ist auch ein Lebensstil, der den Sonntag, oder auch andere Gemeindeveranstaltungen, zur Priorität macht. Man sollte sein Leben "um die Gemeinde" oder auch "um den Sonntag herum" organisieren. Man sollte beispielsweise darauf achten, dass man ausreichend geschlafen hat. Vielleicht sind fünf Stunden Schlaf eben nicht genug, und wir sollten darüber nachdenken, den Samstagabend nicht mehr zum "Ausgeh-Abend" zu machen. Der Sonntagmorgen beginnt eben schon am Samstagabend! Auch sollte man zeitig aufstehen und (ja ich weiss dass ist für viele eine schlimme Vorstellung) auch am Sonntag einen Wecker stellen! Tja, die Nachfolge Jesu Christi kostet halt etwas. Sonntag ist eben auch nicht "Ausschlaf-Tag" sondern Gottesdienst! Frühstücke ausreichend, macht euch aber kein Riesen Menu, sondern ein einfaches Müsli tut es auch. Mit leerem Magen im Gottesdienst zu sitzen fördert die Konzentration auch nicht. Wenn man früh aufsteht, kann man auch rechtzeitig in der Gemeinde ankommen, und stolpert nicht zwei Minuten nach Beginn der Veranstaltung hastig in den Gemeindesaal um irgendwo verzweifelt noch einen Platz zu suchen. Wenn man zeitig da ist, kann man sich hinsetzen, noch einmal beten, den Schriftabschnitt lesen und innerlich zur Ruhe kommen. Kurz gesagt: Geh zeitig ins Bett, weck dich früh, frühstücke kräftig, komme rechtzeitig, komm zur Ruhe und geniess den Gottesdienst!

4. "V" wie Verhalten
Selbst wenn du dann am Sonntagmorgen dasitzt, geht es nicht nur darum "körperlich anwesend" zu sein, sondern weiterhin aktiv teilzunehmen. Denke daran, es heisst "Gottes-dienst" nicht "Gottes-Konsum". Es hängt sehr viel von deiner Erwartungshaltung ab. Welche Erwartungen hast du? Hast du die Einstellung eines Konsumenten? Wird es heute interessant, lustig, spannend sein für mich? Habe ich etwas davon? Was bringt es mir? Oder, habe ich die Einstellung eines wahren Jüngers (das Wort bedeutet "Lernender") eines Studenten? Bin ich hier um etwas zu lernen? Bin ich hier um Gottes Wort zu hören? Auch wenn der Prediger nicht so gut ist wie ich mir das wünsche? Denke ich mit? Habe ich meine Bibel dabei? Schlage ich sie auf und lese die Texte aufmerksam mit? Habe ich ein Notizblock und einen Stift dabei um Notizen zu machen? Bin ich ein Student oder ein Konsument, das ist die Frage. Lasse ich mit ablenken oder konzentriere ich mich. Bin ich mir bewusst, dass wir das heilige Wort Gottes lesen? Was für ein Privileg, was für ein Vorrecht! Habe ich die Einstellung der Beröer und prüfe alles was ich höre (Apostelgeschichte 17,11)? Bin ich wie die Israeliten zu Nehemias Zeiten, die aus Respekt vor dem Wort Gottes aufstanden? Und Esra öffnete das Buch vor den Augen des ganzen Volkes; denn er stand höher als das ganze Volk. Und als er es öffnete, stand das ganze Volk auf (Nehemia 8,5)  Gottes Wort ist interessant, nicht der Prediger oder seine Person. Das Wort Gottes verdient deine ganze  Aufmerksamkeit! Wenn die Predigt nicht so gut ist, stell dir auch die Frage ob du unter der Woche für deinen Pastor und seine Vorbereitung der Predigt betest? Deine Einstellung und dein Verhalten während des Gottesdienstes wird einen großen Unterschied machen, ob die Predigt für dich ein Segen ist oder nicht. 


Empfehlungen
  • „Aufgepasst und mitgedacht, wie man von Predigten am besten profitiert“, Jay Adams, (Betanien, 2016)
  • „Expository listening, a handbook for hearing and doing God’s Word“, Ken Ramey, (Kress, 2010)




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